Musikalischer Hochgenuss

22.11.2021 - Lauterbacher Anzeiger

Musikalischer Hochgenuss

Unter der Leitung von Kantorin Claudia Regel musizieren Sopranistin Simone Schwark, Bass Florian Dengler, die Lauterbacher Kantorei und die Kurpfalzphilharmonie

LAUTERBACH (eig). Was lange währt, wird endlich gut. Im Fall des Konzerts der Lauterbacher Kantorei in der Stadtkirche musste das treue Stammpublikum des Chorensembles der evangelischen Kirchengemeinde Lauterbach ein ganzes Jahr lang warten. Denn eigentlich hätte das Requiem von Gabriel Fauré schon am 21. November 2020 in der Lauterbacher Stadtkirche erklingen sollen. Daran war seinerzeit allerdings aufgrund der damaligen Corona-bedingten Absage aller Veranstaltungen nicht zu denken gewesen. Doch das Warten hat sich in diesem Fall gelohnt. Die Bänke in der Stadtkirche waren trotz der Nachrichten über stark steigende Corona-Zahlen unter 2G-Bedingungen praktisch voll besetzt – wohl auch ein Zeichen dafür, wie lange ein solches Konzert der Lauterbacher Kantorei schon hatte entbehrt werden müssen.

Gegenüber dem ursprünglichen Programm von vor einem Jahr wurden die Sängerinnen und Sänger der Lauterbacher Kantorei zusätzlich noch von den Instrumenten der Kurpfalzphilharmonie Heidelberg unterstützt, die in der Vergangenheit bereits mehrfach im Vogelsberg zu Gast gewesen ist. Beide Ensembles wurden bei ihrem Auftritt von Kantorin Claudia Regel geleitet. Als Sopranistin war Simone Schwark beteiligt, während Bass-Bariton Florian Dengler anstelle des 2020 vorgesehenen Baritons Michael Roman teilnahm. Die Sängerinnen und Sänger traten dabei unter Anwendung der 2G-plus-Regelung auf, waren also alle zuvor (natürlich negativ) getestet worden.

Das titelgebende Requiem op. 48 des französischen Komponisten Gabriel Fauré (1845-1924) war dabei der zweiten Konzerthälfte vorbehalten. Keine bloße Aufwärmübung waren indes die vier Beiträge im ersten Teil des Konzerts. Die Kantorei und die Kurpfalzphilharmonie begannen dabei meisterlich mit der Kantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). Die Choralkantate basiert auf einem rund 380 Jahre alten Kirchenlied von Georg Neumark, das bereits Johann Sebastian Bach mehrfach zu eigenen Interpretationen des Stücks angeregt hatte. Außergewöhnlich ist, dass Felix Mendelssohn Bartholdy, der sich zeitlebens mit Bachs Musik beschäftigte, in seiner Fassung für die Eingangsstrophe einen Vers aus dem Choral „Mein Gott, du weißt am allerbesten“ wählte. Die zentrale Idee der Komposition, der Gedanke der Zuversicht und des Vertrauens auf Gott, findet seinen musikalischen Ausdruck im subtil angelegten Zusammenspiel von Chor und Orchester in der zweiten Strophe.

Durch großen klanglichen Liebreiz gekennzeichnet war das „Lyrische Andante“ in D-Dur von Max Reger (1873-1916), das dieser eigentlich als Hochzeitsgeschenk für seinen Freund Dr. Willy Gemünd verfasst hatte. Einen ersten Preis verdient hatte sich der durch seine ruhige Melodie gekennzeichnete „Cantique de Jean Racine“ – im wahrsten Sinn des Wortes, denn dieses Frühwerk von Gabriel Fauré wurde als Nachdichtung eines zwei Jahrhunderte älteren ambrosianischen Hymnus von ihm noch als 20-jähriger Student bei einem Kompositionswettbewerb eingereicht und ging dabei seinerzeit tatsächlich als Sieger hervor. Im musikalischen Charakter verweist der „Cantique“ bereits auf das von Gabriel Fauré komponierte Requiem und wird daher gerne zusammen mit diesem aufgeführt – so auch hier. Die Air (vierter Satz) aus der Suite „Aus Holbergs Zeit“ von Edvard Grieg (1843-1907), von ihrem Komponisten auch als „religiöses Andante“ (sprich eine Art Gebet) bezeichnet, beschloss die erste gelungene Konzerthälfte.

Nach einer Pause war die künstlerische Darbietung dann ganz dem Requiem von Gabriel Fauré gewidmet. Das 1888 in der Pariser Pfarrkirche La Madelaine uraufgeführte Werk besteht immerhin aus sieben Sätzen, wobei sich in diesem Fall Chor und Solisten abwechselten. Es ist auch die einzige größere geistliche Komposition des einstigen Direktors des Pariser Konservatoriums und Mitbegründers der Société Nationale de Musique, obwohl Gabriel Fauré lange als Organist an großen Pariser Kirchen tätig war.

Im ersten Satz, dem „Introitus und Kyrie“, eröffnete der Chor der Lauterbacher Kantorei stimmgewaltig, während das nachfolgende „Offertorium“ dem wunderbaren Bass-Solo von Florian Dengler vorbehalten war. Nach dem wiederum durch den Chor vorgebrachten „Sanctus“ brachte dann Simone Schwark das „Pie Jesu“ als gelungenes Sopran-Solo dar. Das „Agnus Dei“ wurde vom Chor gesungen, während beim „Libera me“ auf ein zunächst von Florian Dengler vorgebrachtes Bass-Solo Chorgesang folgte. Zum abschließenden „In paradisum“, einer von Gabriel Fauré selbst vorgenommenen Ergänzung, versammelten sich dann wieder die Sängerinnen und Sänger der Lauterbacher Kantorei, wobei wie in allen Sätzen die Kurpfalzphilharmonie Heidelberg mit ihren Instrumenten den Gesang begleitete. Ein wunderbares Konzert fand nach etwa zwei Stunden sein Ende – und macht Lust auf wieder deutlich mehr Musikgenuss in der Lauterbacher Stadtkirche im kommenden Jahr.

Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "Musikalischer Hochgenuss", 22.11.2021 

Foto: Eigner

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